Die Morgenandacht Unterwegs gefunden: Die Feder

Frauke Löffler
Frauke Löffler

Die Morgenandacht Unterwegs gefunden: Die Feder

Pastorin Frauke Löffler ist ein aufmerksamer Mensch. Sie achtet auf die Dinge, die sie am Wegesrand findet. Heute ist es eine kleine weiße Feder.

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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Da liegt sie: eine kleine weiße Feder, flauschig, zart, makellos weiß. Im Flur zwischen Gemeindesaal und Kirche. Fast wäre ich darauf getreten, weil ich es mal wieder eilig habe. Ich mag den anthrazitfarbenen Boden nicht besonders, er ist so düster. Aber auf ihm kommt dieses weiße Federlein besonders gut zur Geltung. Es fällt ins Auge – auch in meins.
Aber: wo kommt diese Feder her? Wie ist sie hier rein gekommen? Hat der Wind sie rein geweht als die Tür kurz offen stand? Ich bleibe stehen, schaue mich um. Ist ein Vogel versehentlich rein geflogen? Nein. Es ist alles still. Kein Vogel drinnen. Aber draußen höre ich den Wind. Also ist sie bestimmt hereingeweht, als vorhin die Frauen zur Frauengruppe kamen. Vielleich hat eine der Damen beim Begrüßen einer anderen die Tür etwas länger aufgehalten. Und schon konnte die Feder unbemerkt herein schweben. Ja, so wird es gewesen sein. Rational geklärt. Aber die Feder lässt mich nicht los. Sie kitzelt an einer Sehnsucht.

Nachdenklich bleibe ich stehen. Es gibt Menschen, die sagen, wenn jemand gestorben sei, dann würde er oder sie manchmal Zeichen aus der anderen Welt schicken. Federn stehen da hoch im Kurs. Aber vielleicht ist das doch etwas weit her geholt? Zugegeben, als meine Oma gestorben war und ich zum 20sten Mal in einen ihrer Schränke guckte und sich dabei ein Schrankbrett löste und polternd herausfiel, da habe ich auch gedacht: "Jaja, Oma, habe ich verstanden: ich bin zu neugierig!" Aber eine Feder würde nicht zu ihr passen. Und mir fällt auch sonst niemand ein, der mir eine Feder schicken würde.

Vielleicht doch etwas viel hineingedacht in diese kleine Feder! Ich richte mich auf und will mich gerade umdrehen. Da fällt mein Blick auf das Bild, das schräg darüber hängt. Der Erzengel Michael ist darauf zu sehen. Michael, nach dem unsere Kirche benannt ist. Michael, der Engel, der Bote Gottes, der gegen das Böse kämpft. Eine große, leuchtend weiße Gestalt mit einem mächtigen Schwert. Eine Frau aus der Gemeinde hat es einmal gemalt und uns geschenkt. Und ganz unten, ganz am Boden, sieht man den Drachen, das Böse, das er niedergerungen hat. Michael, Bote Gottes, Figur gewordene Botschaft Gottes: "Ich werde nicht zulassen, dass das Böse gewinnt!" Bei so einem Kampf kann man schon mal Federn lassen.

Ich muss grinsen. Ganz schöner Engelkitsch, den ich mir hier zusammen spinne. Als ob hier Engel durch die Gegend fliegen würden!Ich schaue wieder nach unten: da liegt sie, die kleine weiße Feder. Sie hat mich aufgehalten, hat an meiner Sehnsucht gekitzelt, hat meine Aufmerksamkeit gebunden und hat mich zwischen jetzt und gleich an Gott erinnert. Vielleicht war da doch eine Botin Gottes, ein Engel und will mir etwas ausrichten: "Ich bin da", scheint es zu flüstern. Engelkitsch hin oder her – diese Botschaft ist hier und jetzt für mich. Gott sei Dank!

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