In der Ausstellung Fast vergessene Fotokunst: die jüdische Familie Frank aus Lilienthal

Autorin

Julius Frank. Eine jüdische Fotografenfamilie zwischen Deutschland und Amerika.
Julius Frank (junior) mit eigenen Aufnahmen im Spiegel, um 1937. Bild: Focke Museum

Die jüdische Fotografen-Familie Julius Frank hat Fotogeschichte geschrieben. Durch die Naziherrschaft wäre das fast vergessen worden. Doch nun sind ihre Werke im Focke-Museum zu sehen — in der Ausstellung "Julius Frank. Eine jüdische Fotografenfamilie zwischen Deutschland und Amerika".

Die Wenigsten kennen die Landschaftsfotografien von Henry Frank. Er war der Sohn des jüdischen Fotografen Julius Frank aus Lilienthal. Seine Motive waren das Teufelsmoor und seine Bewohner. Es entstanden künstlerisch ambitionierte Aufnahmen von schwarzen Torschiffen oder wettgegerbten Bäuerinnen, die die Familie als Postkarten oder Abzüge an begeisterte Städter in Bremen und umzu verkaufte.

Julius Frank. Eine jüdische Fotografenfamilie zwischen Deutschland und Amerika.
Die Fotografien von Julius und Henry Frank sehen fast so aus wie Landschaftsmalereien. Bild: Focke Museum

Über drei Generationen hinweg betrieb die Familie ein Fotogeschäft in Lilienthal. Es wurde 1872 von Julius Frank (senior) gegründet und später von seinem Sohn Henry übernommen. Der Firmenname "Fotoatelier Julius Frank" wurde zu einem überregionalen Inbegriff und Henry Frank (1879 - 1931) vielfach für seine Arbeiten ausgezeichnet. Die Fotografien der Franks wurden gern zur Illustrierung von Büchern genutzt, insbesondere für Werke der Heimatliteratur. Heute ist die Fotokunst der Franks weitgehend unbekannt, denn die Familie musste ihr erfolgreiches Fotoatelier aufgeben. 1936 floh Henrys Sohn – Julius Frank (junior) – aus Nazi-Deutschland, 1937 folgte ihm seine Frau Hildegard. Nach seiner Auswanderung machte Julius Frank (1907 - 1959) in Detroit erneut Karriere als Fotograf. 1949 begann er im Labor des wohl berühmtesten Architektur-Fotografen der Nachkriegszeit, Julius Shulman.

Julius Frank. Eine jüdische Fotografenfamilie zwischen Deutschland und Amerika.
Julius Frank 1936 an Bord eines Schiffes auf dem Weg nach Amerika / Focke-Museum Bild: Focke Museum

Aussöhnung in Lilienthal

Dem Heimatverein Lilienthal ist es zu verdanken, dass die Fotokunst der Franks nicht in Vergessenheit gerät. Der Verein entdeckte 2004 alte Tagebucheinträge, wonach der Enkel des Firmengründers und dessen Frau damals nicht ins Konzentrationslager gekommen sind, sondern den Holocaust überlebt haben. Der Heimatverein nahm daraufhin Kontakt zu der Familie auf. Julius Frank verstarb 1959, aber seine Frau Hildegard und zwei Kinder waren 2006 in Lilienthal zu Besuch: "Hildegard Frank sagte bei ihrem Besuch, dass sie böse auf die Deutschen waren. Aber es ist dann 2006 in Lilienthal wirklich zu einer Aussöhnung gekommen (...). Und sie sagte: 'Ich kann mir jetzt vorstellen, wieder in Deutschland zu leben'", erinnert sich Harald Kühn vom Heimatverein Lilienthal.

Schließlich entschied die Familie, den Nachlass von Julius Frank dem Heimatverein Lilienthal und dem Focke-Museum zu überlassen. Aus den USA schickten sie eine riesige Kiste voll mit Fotos, illustrierten Büchern, Magazinen, Urkunden, Preise und persönlichen Gegenständen, darunter auch die Tora der Familie sowie zahlreiche Dokumente. Sie belegen, dass die Franks ihr Atelier in Lilienthal weit unter Wert verkaufen mussten.

Späte Würdigung

Julius Frank. Eine jüdische Fotografenfamilie zwischen Deutschland und Amerika.
Julius Frank wurde ein renommierter Architekturfotograf in den USA. Der Turm; Julius Frank / Focke-Museum Bild: Focke Museum

Der gesamte Nachlass wurde gesichtet und unter der Leitung der Kuratorin Dr. Karin Walter zu einer Ausstellung aufbereitet, die in drei Bereiche gegliedert ist: Zu sehen sind inszenierte Porträts, spätere Architekturfotografien aus den USA, aber vor allem frühe Landschaftsmotive vom Teufelsmoor.

Julius Frank ist auch in den USA ein gefragter Fotograf, wenn es um klassische "Heimat"-Motive geht. In Amerika lichtete er Gebäude, Mode und Nationalparks ab und gewann dafür viele Preise. Auch das ist in Ausstellung zu sehen. Und ein nahezu absurdes Exponat ist dabei: Ein US-amerikanisches Magazin hatte Julius Frank gebeten, der Leserschaft schöne Urlaubsziele in Deutschland zu präsentieren. Also zeigte er in den USA Fotos seiner Heimat, aus Lilienthal und Worpswede, obwohl er wusste, dass er selbst niemals dorthin zurückkehren wird.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 10. November 2022, 15:13 Uhr

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