Die Morgenandacht Zufluchtsorte am Fluss

Ulrike Bänsch
Ulrike Bänsch

Die Morgenandacht Zufluchtsorte am Fluss

Eine Radwandertour auf dem Weserradweg. Pastorin Ulrike Bänsch und ihre Freundin entdecken dabei viele unterschiedliche Kirchen am Wegesrand: Pausenräume, Erholungsorte und Konzertsäle.

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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Eine Radwandertour auf dem Weserradweg. Pastorin Ulrike Bänsch und ihre Freundin entdecken dabei viele unterschiedliche Kirchen am Wegesrand: Pausenräume, Erholungsorte und Konzertsäle.

Der Kirchturm ist schon von weitem zu sehen. Wir sind mit unseren Fahrrädern auf dem Weserradweg unterwegs. Am Himmel türmen sich dunkle Wolken. "Es wird gleich regnen. Vielleicht ist die Kirche ja offen", ruft mir meine Freundin zu. Kurz darauf erreichen wir den Vorplatz der alten Dorfkirche, stellen die Räder ab und gehen zur hölzernen Kirchentür, die sich tatsächlich knarzend öffnen lässt. Wie gut, wir können den starken Regenschauer in der kleinen Kirche abwarten. Wir bestaunen die bunten Kirchfenster, hinterlassen einen Eintrag im Gästebuch und sind dankbar für diesen Zufluchtsort unterwegs.
Auf unserer Radreise von Hann-Münden nach Bremen begegnen uns viele Kirchen entlang der Weser. Die meisten Kirchen sind offen. In der Klosterkirche in Bursfelde beeindruckt uns die Akustik. Wir singen mehrere Choräle. In einer kleinen Dorfkirche etwas weiter die Weser rauf, steht frisches Wasser bereit, und es gibt ein Segenswort zum Mitnehmen für den Weg. In einer anderen Kirche finden wir den Hinweis, wo das Licht angeht, verbunden mit der Einladung einen Moment zu verweilen. In der Hamelner Marktkirche erleben wir ein bewegendes Orgelkonzert. Im Dom von Bücken beeindruckt uns die kunstvolle Wandmalerei ebenso wie die liebevoll gestaltete Spielecke für Kinder. Einmal stehen wir allerdings auch erstaunt vor einer verschlossenen Kirchentür und finden zudem den Hinweis, dass Kinder und Jugendliche sich fernhalten mögen, weil der Kirchplatz kein Spielplatz ist. Hatte Jesus nicht gesagt: "Wenn ihr nicht werdet, wie die Kinder, werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen"? Was nur hat die Verantwortlichen bewegt ihre Kirche verschlossen zu halten? Zum Glück bleibt diese Erfahrung die Ausnahme.
Unterwegs denke ich immer wieder: wie gut, dass wir diese wunderbaren Kirchräume haben, die Menschen zum Verweilen, zum Gebet und zum zur Ruhe kommen einladen. Oft sind es Räume, die Menschen schon Jahrhunderte lang Zuflucht gegeben haben. Wie viele Gebete wurden hier gesprochen, wie viele Tränen geweint, wie viele Lieder gesungen, wie viel biblische Botschaft gehört und Gemeinschaft gelebt? All diese Räume haben eine unendliche Geschichte zu erzählen und öffnen ihre Tür für jeden, der hineinkommen mag, ganz gleich was du glaubst und wer du bist.
In einer Kirche fällt mein erster Blick auf eine Darstellung von Jesus, der segnend die Hände erhebt und jedem, der hinein kommt zuzurufen scheint: "Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid: ich will euch erfreuen." Wie gut, dass es solche Zufluchtsorte gibt.


25.08.23 – Die Morgenandacht – Pastorin Ulrike Bänsch

Gemeinsam an einem Tisch
Geflüchtete laden zu einem Dankesessen ein. Es treffen sich in fröhlicher Simmung verschiedene Menschen, Kulturen und Religionen. Für Pastorin Ulrike Bänsch eine Hoffnung auf eine zukünftige Welt.
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Der Tisch ist reichlich gedeckt. Unsere syrischen Gastgeber haben zahlreiche Köstlichkeiten aufgefahren. Sie wollen sich für die Unterstützung, die sie von der Gemeinde und von Menschen aus der Region erfahren haben, bedanken. Eine bunte Gesellschaft ist um die Tafel versammelt. Da sind Menschen aus der Gemeinde, die schon ihr Leben lang in unserer Region zu Hause sind. Da sind syrische Familien, die bereits seit 2015 in Deutschland leben und Arbeit gefunden haben. Die Kinder gehen hier zur Schule und sprechen gut deutsch. Da sind Ehrenamtliche, die sich in der Betreuung von geflüchteten Menschen engagieren. Unterschiedliche Generationen sind versammelt, verschiedene Glaubensgemeinschaften treffen aufeinander und mehrere Kulturen. Die Gespräche sind angeregt. Es wird gelacht und gegessen. Es wird diskutiert und Erfahrungen werden ausgetauscht. Ich lerne eine Menge an diesem Abend.
Ich lerne zum Beispiel, wie das beharrliche Engagement von einzelnen Menschen Lebenschancen zum Positiven wenden kann. Eine Frau, die sich unermüdlich für die Integration und gute Begleitung von Geflüchteten einsetzt, kann von so vielen bereichernden und berührenden Erlebnissen erzählen. Ich lerne, dass ein junger Syrer, der vor zwei Monaten nur eine Hand voll deutscher Worte konnte mit großer Willensstärke lernt. Er fragt unterdessen nach dem Plusquamperfekt und kann sich gut unterhalten. Ich lerne, wie es einem syrischen Dichter und Lehrer hier ergeht, der nun als Altenpfleger in Deutschland arbeitet. Ich lerne etwas über Sostas Träume, Mohammeds Glauben und Annas Sehnsucht nach einem friedlichen Leben für alle und gegenseitigem Respekt füreinander.
Hier an der gemeinsamen Tafel erscheint das alles so einfach und unkompliziert. Wie wunderbar wäre es, wenn uns das auch in der großen Welt gelänge? Vielleicht hat Jesus deshalb so häufig die unterschiedlichsten Menschen um einen Tisch versammelt und mit ihnen zusammen gegessen und gefeiert. Dort am Tisch wird der Anfang gemacht für gegenseitiges Verständnis, miteinander teilen und gutes zusammenleben. Vielleicht haben wir eines Tages eine gemeinsame Tafel so groß wie die Welt.






26.08.23 – Die Morgenandacht – Pastorin Ulrike Bänsch
Zukunft
Jugendliche haben heute am Ende der Schulzeit viele Möglichkeiten. Aber mit jeder Entscheidung entscheidet man sich auch gegen viele andere Optionen. Gar nicht so leicht, dabei das Richtige zu finden, meint Pastorin Ulrike Bänsch.
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Marie schaut den ziehenden Wolken am Himmel zu und fragt sich, was sie mit ihrer Zukunft machen soll. Ihre Schulzeit neigt sich dem Ende zu. Die Fragen nach ihren Plänen häufen sich. "Hast Du schon eine Idee?" "Willst du in Bremen bleiben oder vielleicht mal ins Ausland?" "Möchtest Du studieren oder lockt dich eher ein Ausbildungsplatz." "Vielleicht hilft zur Orientierung ein freiwilliges soziales Jahr? Da tust du etwas Sinnvolles." Sie hört sich wohlmeinende Ratschläge an und lächelt den Fragenden zu: "Ich weiß es noch nicht", sagt sie schulterzuckend. Manchmal wünscht sie sich, sie könnte einfach wieder Kind sein, zurück in den Kindergarten und ins Bälle-Paradies. Erwachsen Werden ist gar nicht so leicht.
Wie wird das Leben in Zukunft werden? Einerseits stehen ihr so viele Möglichkeiten offen. Lebensentwürfe sind in unserer Welt heute vielfältig. Andrerseits bestimmen Sorgen den Blick nach vorne. Wird es gelingen das Klima zu schützen? Wie können wir Frieden schaffen? Wie ist gutes gemeinsames Leben auf unserem Planeten möglich?
Die Wolken ziehen weiter. Sie haben es immer schon getan. Die Fragen nach der Zukunft und nach dem Erwachsen Werden haben Menschen zu allen Zeiten bewegt.
Ich kann Marie gut verstehen. Ich erzähle ihr, was mich beschäftigt und mir geholfen hat, als ich in ihrem Lebensalter war: "Als ich achtzehn geworden bin, habe ich mir sehnlichst gewünscht Peter Pan möge an mein Fenster klopfen und mich mit ins Abenteuermärchenland für die ewige Kindheit nehmen. Er hat sich damals nicht blicken lassen, aber später habe ich entdeckt, dass es im Leben immer wieder eine Tür zur Kindheit gibt, durch die du von Zeit zu Zeit gehen kannst. Das Kind in dir geht immer mit, egal wie alt du bist.
Es gibt manches, das mir damals geholfen hat. Am wichtigsten war für mich das sichere Gefühl bedingungslos geliebt zu sein, ganz gleich, was geschieht. Ich wusste, oft nicht, was ich wollte, und zugleich hat mich das Vertrauen getragen, dass mein Weg mich schon an den richtigen Platz führt, vielleicht manchmal mit Umwegen. Mich hat ein Satz meiner Großtante begleitet, die sagte: "Geh wohin dein Herz dich trägt."
Und nicht zuletzt hat mich der Glaube gestärkt, dass Gott schon ein Auge auf mich hat und möchte, dass ich gute Wege in die Zukunft finde. Das wünsche ich dir auch, Marie. Du weißt doch: Jeder Mensch hat seine Gabe von Gott.

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  • Ulrike Bänsch

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