Die Morgenandacht Sein erster Blick galt fremdem Leid

Klaus Hagedorn
Klaus Hagedorn

Die Morgenandacht Sein erster Blick galt fremdem Leid

Es ist wichtig, empfindsam für das Leid anderer zu sein, sagt Klaus Hagedorn. Das entspreche der Einheit der von Jesus verkündeten Gottes- und Nächstenliebe.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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Es ist wichtig, empfindsam für das Leid anderer zu sein, sagt Klaus Hagedorn. Das entspreche der Einheit der von Jesus verkündeten Gottes- und Nächstenliebe.

Der Künstler Roland Peter Litzenburger hat 1987 ein sehr besonderes Kreuz geschaffen. Es hängt im Raum der Stille im Oscar-Romero-Haus in Oldenburg. Es ist ein Kreuz, das mit Tod und Unheil konfrontiert. Es legt offen, wie Menschheitsgeschichte auch ist: zerstörerisch, gewalttätig, vernichtend. Es zeigt die nackte Wahrheit, ganz ungeschminkt. Der Korpus hat eine überdimensional große Wunde im Brustbereich; er wirkt wie aufgeschlagen, wie dahingeschlachtet. Kein Betuchter hängt da. Der da hängt, ist völlig nackt. Ihm ist die Blöße gegeben, er ist bloßgestellt. Der Kopf mit einem großen Ohr fällt gebrochen zur Seite. Das Gesicht ist bei näherem Hinsehen entstellt.

Mit diesem Kreuz macht Litzenburger ernst mit dem Glauben an die Gegenwart des Gekreuzigten in den Kreuzen dieser Welt. Es zeigt den Gefolterten, Gemarterten, Verhungernden als ein Abbild Christi. Hier ist eine Kreuzskulptur geschaffen gegen jegliche Blindheit vor der sozialen und politischen Wirklichkeit. Und: Hier ist einer Hoffnung Ausdruck gegeben. Die Gemeinsame Synode der Bistümer in Deutschland hat in Würzburg vor bald 50 Jahren so formuliert – und diese Worte sind bis heute hoch aktuell für unsere Zeit: Da heißt es: Unsere Hoffnung "lässt es nämlich nicht zu, dass wir über seiner –Jesu- Leidensgeschichte die anonyme Leidensgeschichte der Welt vergessen; sie lässt es nicht zu, dass wir über seinem Kreuz die vielen Kreuze in der Welt übersehen, neben seiner Passion die vielen Qualen verschweigen, die ungezählten namenlosen Untergänge, das sprachlos erstickte Leiden, die Verfolgung zahlloser Menschen, die wegen ihres Glaubens, ihrer Rasse oder ihrer politischen Einstellung... zu Tode gequält werden..."

So weit das Zitat. Es geht diesem Kreuz des Künstlers Litzenburger um die Erinnerung an die Blickrichtung Jesu. Sein erster Blick galt immer fremdem Leid. Diese Empfindsamkeit für das Leid der anderen ist Ausdruck jener Liebe, die Jesus meinte, wenn er von der unzertrennlichen Einheit von Gottes- und Nächstenliebe sprach: Gottesleidenschaft als Mitleidenschaft möchte ich das nennen.

Für mich ist dieses Kreuz immer wieder neu ein Aufruf,anspruchsvoll zu bleiben, lieber mit großen Hoffnungen zu hungern und zu dürsten, als mich mit Banalitäten zufrieden zu geben. Es steht für mich für den langen Marsch mit denen, die die Sehnsucht nach einer gerechten Welt ohne Hunger teilen. Die unseren Lebensstil hinterfragen und sich gemeinsam mit Menschen im Globalen Süden dafür einsetzen, dass diese Zugang zu und Verfügung über Land, sauberes Wasser, Saatgut und die Chance eigener lokaler Vermarktung ihrer Erzeugnisse bekommen. Es steht nicht für billigen Optimismus nach dem Motto: "Es wird schon irgendwie alles gut." Sondern es steht für unsere Hoffnung, die ein Engagement ist in der Gewissheit, dass es Sinn macht – egal wie es ausgeht.

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  • Klaus Hagedorn

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