Die Morgenandacht Das Buch Genesis

Ingo Wilberding
Ingo Wilberding

Die Morgenandacht Das Buch Genesis

Das Staunen öffnet mir die Augen für das Faszinierende, zum Beispiel für die Naturschauspiele der Jahreszeiten, findet Caritas-Mitarbeiter Ingo Wilberding.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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In den katholischen Gottesdiensten wird an allen Werktagen in dieser Woche ein Abschnitt aus dem Schöpfungsbericht des Buches Genesis gelesen. Ja, ja, Gott hat die Welt in sieben Tagen erschaffen. Und die Kinder bringt der Storch. Könnte man sagen. Keine der beiden Geschichten braucht man heute noch, um über die Entstehung der Welt oder des Menschen zu sprechen – weder die von der Schöpfung noch die vom Storch.

Warum also so viel Raum für diese Erzählung? Ich glaube, es geht ums Staunen. In den einzelnen Kapiteln werden mir die Dinge, die mich alltäglich umgeben, vor Augen gestellt: Das Licht, der Himmel, die Pflanzen und Tiere, ja selbst das Gewürm stehen mit gleichem Recht und gleicher Würde auf der Erde. Und schließlich sind sie uns, den Menschen, anvertraut. Der Mensch erlebt die Natur als beides zugleich: als schön und lebensspendend, aber auch als grausam und lebensbedrohlich. Und er erlebt auch sich selbst, sein eigenes Handeln in der Welt auf diese Weise; nicht einfach ausschließlich gut oder ausschließlich schlecht, sondern beides zugleich: solidarisch und egoistisch, liebevoll und voller Hass, schöpferisch und zerstörerisch.

Auch davon erzählt die Bibel in den Schöpfungsgeschichten. Der Mensch ist dort auf der einen Seite Gottes Ebenbild, fähig dazu, Gottes Willen in der Welt zu verwirklichen, Gutes zu tun, erfüllte Beziehungen einzugehen, liebevoll zu handeln. Auf der anderen Seite ist er aber auch derjenige, der sich gegen Gottes Gebote auflehnt. Der Schuld abstreitet, der sich verführen lässt und andere verführt, der nur an sich denkt. Da sind Systeme und Menschen, denen ihre Umwelt egal ist. Die ihren Lebensraum mutwillig zerstören. Die das Leben ganzer Nationen auslöschen. Da sind Menschen, die sind gelangweilt von der Welt, die uns doch täglich umgibt.

Der Schöpfergott ist ein Gott, der über seine Schöpfung sagen kann: Sie ist sehr gut. Der Verfasser des Schöpfungsberichts legt Gott dieses Wort in den Mund, obwohl er weiß, dass vieles in der Welt nicht sehr gut ist, sondern manchmal auch sehr schlecht, sehr bitter, sehr traurig. Damit wir lernen zu staunen gegen den Lebensverdruss, auch dafür wurden die Schöpfungsberichte geschrieben. Staunen über den Unterschied von Tag und Nacht, staunen über die Herrlichkeit des Lichts, über die Vielfalt der Lebewesen. Staunen über den Menschen und alles, was er kann und weiß. Das Staunen öffnet mir die Augen für das Faszinierende: Das Ineinandergreifen des Lebens, die Ordnung der Schöpfung und ihre Schönheit.
Und das bringt in Bewegung: Zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz, zum Gedanken, dass wir die Erde nur von unseren Kindern geliehen haben, zum Weg aus dem ständigen "Hauptsache, mir geht’s gut", zu Mitgeschöpflichkeit und Füreinander.

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  • Ingo Wilberding

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