Im Porträt Der Astronaut, der seinen Kindheitstraum verwirklichen will

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Wintergast Matthias Maurer mit Tom Grothe
Gut gelaunt hat Astronaut Matthias Maurer auf der Bremen-Zwei-Bühne von seinem Alltag auf der ISS erzählt. Bild: Radio Bremen | Anja Robert

Das Schicksal lässt Matthias Maurer nicht nur zu den Sternen greifen, sondern schickt ihn doch noch hinauf ins All. Dort fliegt er in 90 Minuten komplett um die Erde, erlebt alle 45 Minuten Sonnenauf- und untergänge und hütet sich vor Sonnenbränden. Und er erlebt auf der ISS Weltpolitik an einem Ort, von dem die meisten glauben, sie sei meilenweit entfernt.

Der ESA-Astronaut Dr. Matthias Maurer

Gesprächszeit Obst und Cappucchino: Was Matthias Maurer auf der ISS vermisst hat

Wird er unser Mann auf dem Mond? Auf der ISS flog Matthias Maurer schon in 90 Minuten um die Erde, erlebte alle 45 Minuten einen Sonnenaufgang und den Ukraine-Krieg.

Bild: dpa | Kirsten Nijhof

Als Kind hat Matthias Maurer gedacht, nur Supermänner könnten Astronauten werden. Vielleicht war das früher auch ein bisschen so, aber heute, sagt er, seien Astronauten einfach Wissenschaftler. Ganz normale Menschen. Bei der Auswahl würde lediglich darauf geachtet werden, dass es nichts gäbe, wo sie besonders schlecht drin seien.

Zähneziehen und Beton-Experimente

Das sagt Matthias Maurer in aller Bescheidenheit. Er, der sieben Sprachen gelernt hat und innerhalb von zwei Stunden, wie man Zähne zieht. "Ob es dann der richtige war, entscheiden wir danach", schmunzelt Maurer. Aber auch die Wissenschaft ist auf der ISS nicht langweiliger Alltag. Morgens um halb acht geht es los mit einem Stundenplan, der mit fünf Minuten-Einheiten berechnet ist. Wenn dann das Material beim Auspacken plötzlich in der Schwerelosigkeit davonfliegt, kommt der Zeitplan schnell in Verzug.

Wir haben nur 5 Prozent Verständnis von dem, was da draußen passiert.

Matthias Maurer über seine Arbeit auf der ISS

So kamen bei Maurer insgesamt 150 Experimente zusammen, die er in sechs Monaten auf der ISS durchführte. Darunter auch die Mischung von Beton. Der Werkstoff-Wissenschaftler erzählt, dass Beton dreimal mehr CO2 ausstößt als der gesamte Flugverkehr der Welt. Seine Forschung im All habe gezeigt, dass es möglich sein könnte, dreißig Prozent der Betonmasse einzusparen und damit den gesamten Ausstoß der Flugbranche – inklusive der Weltraumbranche – zu kompensieren. "Wir müssen noch viel draußen entdecken. Wir haben nur 5 Prozent Verständnis von dem, was da draußen passiert", fasst er seine Forschungsarbeit auf der ISS zusammen.

Astronauten als Friedensbotschafter

Erst am Abend kam Maurer dazu, aus dem Fenster zu schauen und die Erde in ihrer ganzen Schönheit zu betrachten. Verliebt habe er sich da, sagt er. Und er sei erschüttert gewesen, als ein Land, das am Vortag in der Nacht genauso schön geleuchtet habe wie seine Nachbarländer, am Tag darauf komplett schwarz geblieben sei. Das war die Ukraine – aus Furcht der Menschen, von Bomben getroffen zu werden.

ESA-Astronaut Matthias Maurer im Europäischen Astronautenzentrum (EAC)
Maurer führte während seiner Mission "Cosmic Kiss" zahlreiche Experimente auf der ISS durch. Bild: dpa | Panama Pictures/Christoph Hardt

Auch die Rauchsäulen der Einschläge habe er gesehen: "Das waren ganz schreckliche Momente. Weil für mich war es unvorstellbar, dass wir in Europa nochmal einen Krieg anfangen. Und das doppelt, weil wir doch für das Projekt ISS den Friedenspreis bekommen haben!" Astronauten, so sagt er, seien doch Friedensbotschafter. Da sei sich die gesamte Crew einig gewesen, auch die russischen Kollegen.

Auf zum Mond?

Maurer erzählt aber auch von den guten Momenten. Zum Beispiel als er zusammen mit der Crew an seinem Geburtstag eine Tanzparty geschmissen hat. Dreidimensional haben sie sich zum Rhythmus bewegt: "Irgendwann hat die NASA hochgefunkt und gefragt: 'Was macht ihr da oben? Die ISS ist voll am Schlingern!'“. Und samstags ist Putztag auf der Raumstation: "Wir Menschen dort oben im All sind schmutzig. Wir verlieren Zellen, Haare, Hautschuppen und das Ganze findet man dann in der Lüftungsanlage wieder. Und alle vier Wochen ist man dran mit dem Klo."

Ich kann nur jedem Kind sagen: Träume!

Michael Maurer im Rückblick auf seine Astronauten-Karriere

Mit 53 Jahren ist Matthias Maurer zwar nicht mehr der Jüngste unter den Raumfahrern, aber das Alter spiele keine Rolle sagt er. Entweder man sei fit oder eben nicht. Und ein Kindheitstraum sei auch noch offen: Ein Flug zum Mond. Vielleicht könnte er sich diesen Traum 2030 erfüllen. Dann rechnet er mit einer europäischen Mission zum Mond: "Ich kann nur jedem Kind sagen: Träume! Träume und lass dir von keinem ausquatschen, dass du diesen Traum erreichen kannst."

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Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 27. Januar 2024, 18:05 Uhr

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