In der Ausstellung Gegen das Vergessen: Ausstellung über Zwangsarbeit in Bremen

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Eingangsbereich der Ausstellung "Zwangsarbeit in Bremen 1939 – 1945"
Die Ausstellung versammelt Kurzbiografien, Fotos, Aktenauszüge und Videos zum Thema Zwangsarbeit. Bild: Focke-Museum | Martin Luther

Die Schicksale von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern im Nationalsozialismus waren über viele Jahre eher ein Nischenthema der Geschichtsforschung. Die Ausstellung "Verschleppt, versklavt, vergessen? Zwangsarbeit in Bremen 1939-1945" im Stadtlabor des Focke-Museums zeigt, was diesen Menschen in der Hansestadt widerfahren ist.

Alexej Ponomarjow war gerade einmal 18 Jahre alt, als er aus seiner ukrainischen Heimat verschleppt und nach Bremen gebracht wurde. Hier musste er im Stahlwerk "Norddeutsche Hütte" in Oslebshausen arbeiten. Die schwere Arbeit zehrte an ihm, nur der Hunger machte ihm mehr zu schaffen. 1944 stahl er eine kleine Menge Milch, um diesen zu stillen. Dafür inhaftierten die Nazis ihn im KZ Neuengamme. Er überlebte einen Todesmarsch am Kriegsende und starb 2007 mit 83 Jahren. Schicksale wie dieses gab es in Bremen viele.

Zwangsarbeiter der Bremer Wollkämmerei
Das Foto zeigt Zwangsarbeiter in der Bremer Wollkämmerei. Bild: Staatsarchiv Bremen

In Bremen war es besonders gefährlich

Die neue Ausstellung im Stadtlabor des Bremer Focke-Museums will an die über Jahrzehnte hinweg in Vergessenheit geratenen Schicksale erinnern. In einem Raum des Museums hat das Kuratoren-Team Kurzbiografien, Fotos, Aktenauszüge und Videos versammelt, um einen Überblick über das zu schaffen, was Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg angetan wurde. Die Arbeit in Bremen war für sie besonders gefährlich, sagt Ulrike Huhn, Osteuropa-Historikerin und Kuratorin der Ausstellung: "Bremen war ein ganz besonderer Standort für Zwangsarbeit aufgrund der Rüstungsproduktion einerseits und natürlich der Werften, unter anderem auch der U-Boot-Bau." Bremen und Bremerhaven zählten zu den bedeutendsten Rüstungsstandorten hierzulande, und wurden deshalb auch besonders stark bombardiert. Die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter seien schlechter als die sonstige Zivilbevölkerung gegen Bombenangriffe geschützt gewesen. Sie hätten keine Bunker aufsuchen dürfen.

Mühsame Recherche

Etwa 55.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter mussten zwischen 1939 und 1945 in Bremen und Bremerhaven arbeiten, zum Beispiel in den Francke-Werken in der Bremer Neustadt, in den Hafengebieten, in den Borgwardwerken oder in der Norddeutschen Hütte. Der Stadthistoriker und Kurator Jan Werquet erklärt das Ausstellungs-Konzept: "Das sind acht Orte von über zweihundert. Wir wissen, es waren sehr, sehr viele in Bremen. Wir haben versucht, neben den Orten auch die Menschen darzustellen, die an diesen Orten arbeiten mussten."

Dass diese Informationen nun im Focke-Museum versammelt sind, ist alleine schon bemerkenswert, sagt Jan Werquet, denn es gäbe kein zentrales Register, in dem diese Menschen alle erfasst wären. Die Informationen mussten mühevoll zusammengetragen und sinnvoll miteinander verknüpfen werden.

In der Nachkriegszeit, sagt Jan Werquet, habe es wenige Diskussionen über das Leid der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter gegeben – und das, obwohl diese verbrecherische Ausbeutung in der Mitte der Gesellschaft stattgefunden hat. Auch die Geschichtsforschung hatte sich lange nicht mit dem Thema befasst.

Gelungene Aufarbeitung

Blick in die Ausstellung "Zwangsarbeit in Bremen 1939 – 1945"
Orte und Menschen: Blick in die Ausstellung zum Thema Zwangsarbeit im im "Stadtlabor", des Focke-Museums. Bild: Focke-Museum | Martin Luther

Die Ausstellung macht die grausame Zwangsarbeit anhand der Schicksale der Menschen greifbar. Sie zeigt, wie wichtig es ist, diese Geschichten zu dokumentieren. Das gelingt, obwohl der kleine Ausstellungsraum doch recht vollgestellt ist mit dicht beschriebenen Stelen, die eine Orientierung und auch eine Übersicht manchmal schwierig machen. Mit Objekten wie Erkennungsmarken oder Knöpfen, die auf dem ehemaligen Kriegsgefangenenfriedhof auf der Reitbrake gefunden wurden, gelingt der Bezug zur Gegenwart: Denn noch heute werden Orte wie dieser Friedhof aus der Kriegszeit erst wiederentdeckt und genauer untersucht. Die Ausstellung ist deshalb eine würdige Auseinandersetzung mit einem menschenverachteten Kapitel deutscher Geschichte, an das erinnert werden muss.

Die Ausstellung "Verschleppt, versklavt, vergessen? Zwangsarbeit in Bremen 1939-1945" läuft vom 21. Januar bis 30. Juni 2023 im Focke-Museum in Bremen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 21. Januar 2023, 13:40 Uhr

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