Im Porträt Krimiautorin wird 80 Jahre alt: Donna Leon über Ruhm und Brunetti

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Donna Leon schaut in die Kamera (Archivbild)
Venedig hat Donna Leon viele Jahre geprägt – heute lebt die Bestseller-Autorin in der Schweiz. Bild: dpa | Fredrik Sandberg/TT News Agency

Donna Leon ist Schriftstellerin aus Zufall und eine leidenschaftliche Barockmusik-Liebhaberin. Die Amerikanerin hat lange in Venedig gelebt und ihre Krimis mit dem venezianischen Commissario Brunetti sind seit Jahren Bestseller. Nun wird die unermüdliche Autorin 80 Jahre alt.

Schriftstellerin Donna Leon riecht an einem Olivenbaum (Archivbild)

Gesprächszeit "Ich will nicht berühmt sein"– Donna Leon

Donna Leons Krimis mit dem venezianischen Commissario Brunetti sind seit Jahren Bestseller. Nun wird die unermüdliche Autorin und Barock-Liebhaberin 80 Jahre alt.

Bild: Imago | Agencia EFE

"Ich hatte einfach überhaupt keine Lust, mich irgendwo niederzulassen", sagt Donna Leon über ihre Jahre als Nomadin. Mit 23 Jahren hat die 1942 in New Jersey geborene Amerika verlassen und sich als Reiseleiterin in Rom und Werbetexterin in London ihren Lebensunterhalt verdient. Iran, China und Saudi-Arabien lauteten ihre weiteren Stationen, bevor sie schließlich in Venedig landete. Dort begann sie – spät berufen – im Alter von 50 Jahren mit dem Schreiben und brachte 1993 mit "Venezianisches Finale" ihren ersten Krimi heraus.

Ich denke, dass ich ihn ganz gut kenne, so wie andere Leute, die ich schon seit 20 Jahren kenne.

Donna Leon 2010 über ihren Commissario Brunetti

Noch heute schreibt Donna Leon wie am Fließband. "Ich brauche nur irgendeine Waagerechte, einen Stuhl und einen Computer. Und das könnte dann in einer Besenkammer in einem Herrenhaus, in einem Palazzo oder in meiner Küche sein", antwortet sie, wenn man sie nach ihren Schreibgewohnheiten fragt. Jedes Jahr legt sie einen neuen Band vor und im Frühjahr 2022 ist mit "Milde Gaben" schon Fall Nr. 31 von Commissario Brunetti erschienen. Damit begleitet die Figur des Commissarios die Krimi-Autorin schon rund 30 Jahre durchs Leben: "Ich denke, dass ich ihn ganz gut kenne, so wie andere Leute, die ich schon seit 20 Jahren kenne. Aber es gibt auch Dinge, die ich noch nicht von ihnen weiß. Und ich glaube, das ist auch so mit Brunetti.

Warum Brunetti keine Frau ist

Viele ihrer Bücher beruhen auf Klatsch und Tratsch, den Leon in Venedig aufgeschnappt hat, sagt die Autorin selbst. Auch wenn sie inzwischen vor den Touristenmassen geflohen ist und in einem kleinen Dorf in der Schweiz lebt, kennt Leon die Lagunenstadt in- und auswendig. Immer wieder kann sie in ihren Erinnerungen aus dem Vollen schöpfen, wenn sie Brunetti zwischen Korruption und Intrigen ermitteln lässt. Sie hat sich übrigens ganz bewusst für einen Mann als Protagonisten ihrer Krimis entschieden: "Die Welt ist männlich. Und auch die Welt der Verbrechen ist männlich. Wäre Brunetti eine Frau, gerade in einer so durch und durch patriarchalen Gesellschaft wie der italienischen, dann müsste sie ihre Autorität in jedem Buch, in jeder Auseinandersetzung wieder rechtfertigen. Und das will ich nicht. Es ist schon schlimm, dass ich es selbst ein Leben lang tun musste."

Schriftstellerin Donna Leon riecht an einem Olivenbaum (Archivbild)
Reist für Händel-Opern um die Welt: Donna Leon. Bild: Imago | Agencia EFE

Heute kann mich das Halleluja immer noch umhauen.

Donna Leon über ihre große Liebe zur Musik von Georg Friedrich Händel

Die Liebhaberin klassischer Musik ist ein großer Fan von Georg Friedrich Händel. Seine Musik belebt ihren Geist, sagt Donna Leon. Das erste Mal hörte sie Händels "Messias" mit 18 oder 19 Jahren und war seiner Musik sofort verfallen: "Er hat mich umgehauen, das weiß ich noch genau. Es war das erste Mal, dass ich seine Musik gehört habe. Es gibt ja kein größeres musikalisches Klischee, als wenn der Chor das Halleluja singt. Aber heute – und damit meine ich über 50 Jahre später – kann mich das Halleluja immer noch umhauen."

Als Mäzenin gefragt

Donna Leon hat viele Jahre das Orchester "Il complesso barocco" unterstützt und hat für den langjährigen Direktor Alan Curtis, der im Juli 2015 starb, Talente gesichtet. Aber auch, wenn sie finanzielle Unterstützung leistete: Die musikalische Entscheidung, was aufgenommen wird, hatte sie stets dem Orchester überlassen. Nach Curtis' Tod 2015 hat sie begonnen das Orchester "Il Pomo d'Oro" zu unterstützen. Noch heute reist Donna Leon für ihre geliebten Händel-Opern um die Welt – und ist selbstverständlich immer wieder in Venedig zu Gast. Denn nur diese Stadt kennt sie wie ihre Westentasche: "Ich kann nur genaue Dinge über Venezianerinnen und Venezianer und Venedig sagen. Es gibt keine andere Stadt der Welt von der ich das behaupten könnte", so Leon.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 28. September 2022, 18:05 Uhr

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Gesprächszeit mit Tom Grote

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