Lieblingsmensch In dieser Lilienthaler Bücherei stehen Geschwister im Mittelpunkt

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  • Julia Bamberg
Marlies Winkelheide steht vor eine Mauer
Die 74-jährige Marlies Winkelheide ist Gründerin und Leiterin der Geschwisterbücherei in Lilienthal. Bild: Radio Bremen | Julia Bamberg

In unserer Rubrik "Lieblingsmenschen" stellen wir regelmäßig Menschen vor, die sich beruflich oder ehrenamtlich besonders engagieren – so wie Marlies Winkelheide. Sie kümmert sich in der Geschwisterbücherei in Lilienthal um die Bedürfnisse von Kindern, die behinderte Geschwister haben.

Marlies Winkelheide steht vor einem Plakat

Lieblingsmensch Marlies Winkelheide

Die Janusz Korczak Bücherei in Lilienthal ist ein Ort für Geschwisterkinder, die in Familien mit behinderten Kindern aufwachsen.

Bild: Radio Bremen | Julia Bamberg

Von außen ist das Gebäude an der Worphauser Landstraße in Lilienthal eher unscheinbar. Nicht sehr groß, roter Backstein, weiße Fenster und Türen. Gut erkennbar ist die rote Nummer 51 und der Name: Janusz Korczak Geschwisterbücherei. Beim Reingehen taucht man in eine andere Welt ein. Überall liegt Spielzeug, es gibt gemütliche Sitzecken und Bücher, viele Bücher.

6.000 Bücher, vor allem zum Thema Geschwister

Marlies Winkelheide, 74 Jahre alt, hat vor 13 Jahren die bundesweit einmalige Geschwisterbücherei gegründet. Sie sammelt hier Bücher über das Geschwistersein. Und sie berät und begleitet Kinder, die ein oder auch mehrere behinderte Geschwisterkinder in der Familie haben und sich deshalb manchmal allein oder vernachlässigt fühlen. "Sie haben besondere Bedürfnisse und finden hier vor allem eins: Einen geschützten Raum, wo man auch mal sagen kann: 'Mein Bruder ist doof!'", sagt Marlies Winkelheide.

Ob in einer Gruppe oder einzeln, hier stehen die Geschwisterkinder im Mittelpunkt. Nicht nur Familien aus der Umgebung kommen nach Lilienthal. Menschen aus zwölf verschiedenen Bundesländern waren bereits zu Besuch.

Zuhören und Verstehen

Die elfjährige Tabea aus Grasberg kommt einmal die Woche in die Bücherei. Sie hat einen autistischen Bruder. Oft spielen sie und Marlies Winkelheide zusammen und quatschen. Zuhören und verstehen, das kann die Sozialwissenschaftlerin sehr gut. Tabea fühlt sich hier richtig wohl. Marlies Winkelheide erinnert sich noch gut daran, wie sie Tabea vor fünf Jahren das erste Mal begegnet ist. Sie sagte, ihr Bruder interessiere sich nicht für sie, erzählt Marlies Winkelheide. Das habe sich dank der vielen Gespräche mittlerweile geändert.

Das Kind wird nicht erst Mensch, es ist schon einer.

Janusz Korczak, Namensgeber der Geschwisterbücherei

Schon während ihres Berufslebens erkannte Marlies Winkelheide, dass Geschwister behinderter Kinder Bedürfnisse haben, die oft hintenanstehen müssen. So kam sie auf die Idee, eine Geschwisterbücherei zu gründen. Mithilfe engagierter Eltern konnte die realisiert werden. Bis heute wird die Janusz Korczak Geschwisterbücherei durch Spenden finanziert.

Zum Namensgeber hat Marlies Winkelheide ein besonderes Verhältnis. Die Lehren des polnischen Kinderarztes und Pädagogen, der 1942 im Vernichtungslager Treblinka ermordet wurde, begleiten sie schon sehr lange. Sie ist überzeugt von dem Ansatz, sich vom Kind leiten zu lassen und dessen Bedürfnisse dann zu erfragen. Frei nach Korczaks Motto "Das Kind wird nicht erst Mensch, es ist schon einer."

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Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 14. Mai 2022, 13:40 Uhr

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