Im Porträt Leben nach der Flut – Jörg Meyrer ist Seelsorger im Ahrtal

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Pfarrer Jörg Meyrer aus dem Ahrtal
Pfarrer Jörg Meyrer aus dem Ahrtal hat ein Buch über seine Erfahrungen nach der Naturkatastrophe geschrieben. Bild: Bonifatius Druck & Verlag

Als am 14. Juli 2021 eine Flutwelle im Ahrtal in Rheinland-Pfalz nahezu alles zerstörte und 134 Menschen den Tod brachte, war Jörg Meyrer mittendrin. Als Pfarrer und Seelsorger in Bad Neuenahr-Ahrweiler hat er die Flutopfer nach der Katastrophe betreut und hilft den Menschen bis heute.

Pfarrer Jörg Meyrer aus dem Ahrtal

Gesprächszeit "Ich erkenne die Ahr nicht wieder" - Jörg Meyrer, Pfarrer & Fluthelfer

Als am 14. Juli 2021 eine Flutwelle im Ahrtal nahezu alles zerstörte und 134 Menschen den Tod brachte, war Pfarrer und Seelsorger Jörg Meyrer mittendrin.

Bild: Bonifatius Druck & Verlag

Pfarrer und Seelsorger Jörg Meyrer hat nicht nur Bilder im Kopf, wenn er an die schreckliche Flutnacht vor gut einem Jahr zurückdenkt: "Es sind Geräusche, es sind Gerüche, es klingt nach Mülltonnen, die überall anschlagen", sagt er. Das laute Wasserrauschen und der faulige Gestank, vermischt mit Diesel, Heizöl, Schlamm – diese Eindrücke haben sich tief eingeprägt. Am Morgen nach der Flutkatastrophe kämpft er sich durch die Trümmer und den Schlamm und trifft auf Menschen, die alles verloren haben: "Es kamen Menschen, die hatten nichts mehr am Leib", erzählt Jörg Meyrer.

Ich kann Gottes Wille in dieser Zerstörung nicht sehen und deshalb kann ich auch nicht beten.

Pfarrer Jörg Meyrer

Pfarrer Meyrer packt sofort mit an, hilft bei der Notversorgung, organisiert, koordiniert, spendet Trost und kommt dabei auch an seine Grenzen: "Ich kann Gottes Wille in dieser Zerstörung nicht sehen", ist sein erster Gedanke. Anfangs kann er auch nicht beten, doch die Hilfsbereitschaft und Solidarität aus ganz Deutschland gibt auch ihm neuen Mut. "Auch das Schaffen ist Gebet", erkennt er später, und solange die Kirchen nicht betretbar sind, wird eben online gebetet.

Priester Jörg Meyrer bei Aufräumarbeiten in Bad Neuenahr-Ahrweiler am 19. Juli 2021 (Archivbild)
Innerhalb von 24 Stunden fielen in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter in Teilen der Bundesländer Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen – mit verheeren Folgen für die Menschen vor Ort. Bild: dpa | AP/Bram Janssen

Schwindende Solidarität

Zuerst wollten vielen helfen, doch das habe sich verändert. Zum Jahrestag der Flut kam Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und hört auch Pfarrer Meyrer zu. Dieser berichtet vom alltäglichen Mangel, fehlenden Fachkräften, überteuertem Baumaterial und einer Bürokratie, die viele Flutopfer überfordert und wütend macht. All das begegnet dem Seelsorger täglich, trotzdem gibt es auf Dine, die ihm Hoffnung geben: "In vielen Gärten grünt und blüht es wieder – das tut uns allen gut."

Zuhören sei weiterhin das Wichtigste, sagt Meyrer über seine Arbeit heute. Darüber hinaus ist er weiter beim Wiederaufbau aktiv und möchte neue Projekte starten: Da sich auch die Kirche im Ahrtal reorganisieren muss, sollen einige Pfarrheime zu lebendigen Treffpunkten werden. Die Flutkatastrophe habe die Menschen zusammengebracht, das soll erhalten bleiben. "Wir geben nicht auf", sagt Pfarrer Meyrer – und betont auch, dass es dazu der Solidarität aller bedarf.  

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 26. Juli 2022, 18:05 Uhr

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