Was wir hören Hörbuch-Tipp: Aus dem Logbuch einer Arktis-Expedition
Standdatum: 1. Februar 2021.

Es war die größte Arktis-Expedition aller Zeiten: Im September 2019 startete das Forschungsschiff "Polarstern" in Bremerhaven zum Nordpol. Wissenschaftler aus 19 Nationen drifteten ein Jahr mit dem Eis durch die Arktis. Ihr Ziel: Daten und Proben sammeln, um die Auswirkungen der globalen Klimaveränderungen zu untersuchen. Expeditionsleiter Markus Rex hat an Bord Tagebuch geführt – über neugierige Eisbären und extreme Arbeitsbedingungen im Eis. Seinen spannenden Reisebericht gibt es jetzt als Hörbuch.
Knapp 130 Jahre nach der lebensgefährlichen Reise des Polarforschers Fridtjof Nansen unternimmt der deutsche Polarforscher Markus Rex zusammen mit dem über 500-köpfigen Team der "Mosaic"-Expedition eine ähnliche Reise. Jeden Tag der Expedition dokumentiert er in seinem Logbuch.
Begegnung mit Eisbären

Am 10. Oktober 2019, Tag 21 der Expedition, notiert Markus Rex in sein Bordtagebuch: "Es ist Abend, bereits dunkel, und alle Teams sind von ihrer Arbeit auf dem Eis zurückgekehrt. Plötzlich zeigen sich zwei kleine, helle Punkte auf den Bildschirmen unserer Wärmebildkamera. Dort ist etwas Warmes, und es bewegt sich in Richtung unseres Forschungscamps. Die Suchscheinwerfer unseres Schiffes zeigen schnell: Eine Eisbärmutter und ihr Junges haben uns entdeckt. Und möchten jetzt nachschauen, was das für merkwürdiges, neues Zeug auf dem Eis ist. Sie nehmen zielstrebig Kurs auf Ocean City."
Auf der Scholle

Ocean City. Rov City. Met City. Namen der unterschiedlichen Forschungsstationen auf der Kilometer großen, aber nur wenige Meter dicken Scholle, in die sich die "Polarstern" hat einfrieren lassen. Dort kämpfen die Forscher gegen das Wetter, gegen die furchtlosen Eisbären und gegen die Scholle selbst.
Am Tag 297. schreibt Rex: "Kurz vor Mitternacht geht ein Ruck durch das Schiff und das Eis drückt uns etwa eine Schiffslänge voraus. Die Stromleitungen auf dem Eis verschieben sich, und wir senden schnell ein Team, um diese zu unterbrechen und vom Schiff zu lösen. Und dann schrillt auf der Brücke plötzlich: Feueralarm."
"Hier kann man den Klimawandel hören“

Ein Jahr lang campiert das Team in der Arktis, monatelang in der Finsternis. Zu Forschungszwecken, um Wasser- und Eisproben, Kulturen von Mikro-Organismen und Wetterdaten zu gewinnen. Hunderte von Terrabytes Daten, deren Auswertung Jahrzehnte dauern wird. Markus Rex sitzt dort mit der Eisbären-Schreckschußpistole in der Hand, zwischen Schmelzwasser-Rinnsalen und dem beständigen Plätschern kleiner Wasserfälle und notiert am 309. Tag der Reise:
Hier kann man den Klimawandel hören.
Markus Rex, Expeditionsleiter
Die Arktis fließt davon
"Eingefroren am Nordpol" ist ein sachlicher, aber deswegen nicht weniger unglaublicher, augenöffnender Bericht über eine gefährliche und einzigartige Reise, mit einem traurigen Fazit: Die Arktis fließt davon. Als Fridtjof Nansen im 19. Jahrhundert an ähnlicher Stelle zum Horizont blickte, glaubte er noch, dass "diese unendliche Eislandschaft noch in 1.000 Jahren unverändert" hier sein würde. "Wie falsch lag er doch. Dort im Südosten, wo Nansen diese Zeilen schrieb, klafft im Juli 2020, nur gut 100 Jahre später, ein offener Ozean", hält Markus Rex fest.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 01. Februar 2021, 09:40 Uhr