In der Ausstellung Massiv und trotzdem leicht: Stahlskulpturen im Gerhard-Marcks-Haus
Standdatum: 22. Mai 2023.
Die Bildhauerin Andrea Geile ist in Bremen geboren und aufgewachsen. Seit 1995 lebt und arbeitet sie in Edinburgh in Schottland. In der Ausstellung "Hinaus wachsen – fertile ground" werden ihre Skulpturen jetzt im Gerhard-Marcks-Haus gezeigt.
Die Baum- und Pflanzenskulpturen aus schwerem, rostfarbenen Stahl sind inspiriert von schottischen Landschaften. So wird der Ausstellungsrundgang zur Wanderung zwischen Lowlands, Highlands und Woodlands. Bäume dick und rund, oder rank und schlank, mit windzerzausten Blättern oder mit Singvogel in den Zweigen. Die Themen ihrer Arbeit bestehen "aus Gedanken über Umweltveränderungen, die Landschaft und wie wir die Landschaft nutzen", sagt Andrea Geile über ihre Werke.
Die Skulpturen holen Flora und Fauna ins Gerhard-Marcks-Haus. Und gedeihen auch hier prächtig, findet der Direktor des Museums Arie Hartog. Eine Besonderheit des Gerhard-Marcks-Hauses sei, "dass es sehr viel Tageslicht gibt. Immer gibt es Blicke in die Wallanlagen, wir haben die großen Oberfenster. Insoweit ist das jetzt diese Zwischensituation zwischen geschlossenem Raum und Natur. Das wird durch die Arbeiten von Andrea Geile sehr schön akzentuiert."
Bäume in den Wallanlagen als Modell
Die Stahl-Skulpturen von Andrea Geile erinnern an Scherenschnitte und Silhouetten. Ihr geht es nicht um botanische Genauigkeit, sondern sie stilisiert und abstrahiert und konzentriert sich dabei auf die Umrisslinien. Ihre Entwürfe zeichnet sie immer draußen in der Natur. Für die Ausstellung in Bremen standen ihr auch Bäume in den Wallanlagen Modell. Oft fertigt sie schnelle Skizzen an, die dann auf drei Meter vergrößert werden können. Andere Werke enstehen aus dem Gedächtnis heraus, direkt auf dem Material. "Auf dem Stahl benutze ich Ingenieurskreide, die kann man gut auswischen. Und dann bin ich halt viel am Zeichnen, Auswischen, nochmal zeichnen, bis ich das dann ausgearbeitet habe", sagt Andrea Geile über ihre Arbeitsmethode.
Und das sind nur die Vorarbeiten. Danach geht es dann zur Sache mit Schweißerbrille und Schutzanzug. Aus großen Stahlplatten schneidet, schweißt und fräst Andrea Geile Bäume, Kränze und Blätter, die trotz des schweren Stahls so leicht wirken, als könnte sie der nächste Windhauch in Bewegung setzen. "Ich hab im Arbeitsprozess so gut wie gar keine Abfälle. Das ist auch ein Grund, warum ich so filigran und klein arbeite, weil ich Stahlabfälle noch kleiner und noch kleiner schneiden kann und fast alles benutze vom Material. Der Rest geht dann in Eimern zum Schrottplatz und wird da wieder eingeschmolzen", erklärt die Künstlerin.
Die meisten Werke sind in ihrem Atelier in Edinburgh entstanden, einige aber auch extra für die Ausstellung im Arcelor Mittal Stahlwerk in Bremen. Bremen ist nach wie vor eine zweite Heimat für Andrea Geile, auch wenn sie Bremen der Liebe wegen 1995 verließ.
Umweltverträgliche Kunst
"Homegrown" – hausgemacht heißt eine Serie kleinerer Werke, die sich mit dem Thema Heimat auseinandersetzt. Wenn Andrea Geile das Heimweh packt, entstehen Arbeiten wie der Abguss eines Kürbisses aus einem Hemelinger Kleingarten. Aber die Bildhauerin zeigt in ihrer Kunst auch politische Aspekte. In einer weiteren kleinformatigen Werkreihe kommentiert sie den umstrittenen Bau einer neuen Überlandleitung in Schottland. Ihre Miniatur-Hochspannungsmasten sind grün überwuchert, verwandelt in hängende Gärten. Besonders wichtig ist der Künstlerin auch, dass die eigene Kunst umweltverträglich ist. Schließlich werden ihre meterhohen Stahlskulpturen meistens draußen aufgestellt.
Andrea Geiles Skulpturen kann man im Gerhard-Marcks-Haus oder auch davor und dahinter erkunden. Eine grüne Baumgruppe schwimmt sogar als Insel auf dem Stadtgraben, auf einem Ponton.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 17. Mai 2023, 11:40 Uhr