Im Porträt Dian Adhini Flügel – ein nordischer Fischkopp auf Bali
Standdatum: 28. September 2021.

Dian Adhinis Eltern kamen wegen ihrer Jobs nach Deutschland. Ihre Tochter wächst in Bremen auf – und beschäftigt sich lange kaum mit ihren indonesischen Wurzeln. Das ändert sich während einer längeren Auszeit auf der Ferieninsel Bali, mitten in der Corona-Pandemie.
Gesprächszeit "Wir haben es genossen, uns total auf die Insel einzulassen" – Dian Adhini Flügel
Dian Adhini Flügels Eltern kommen in den 1970er-Jahren aus Yogyakarta, Indonesien, nach Bremen. 1975 wird Dian Adhini in der Hansestadt geboren, sie geht aufs Kippenberg-Gymnasium und nach dem Abitur entscheidet sie sich für ein Modedesign-Studium in Hannover. Später zieht Dian Adhini Flügel beruflich nach München und arbeitet unter anderem als Modejournalistin für verschiedene Zeitschriften.
Als Flügel mit ihrem Mann und den zwei gemeinsamen Kindern nach Seeshaupt an der südlichen Spitze des Starnberger Sees zieht, merkt sie schnell, dass sie Funktionskleidung vermisst, die in ihre Garderobe passt. Kurzerhand entwirft Dian Flügel modische Outdoorbekleidung, die sie über ein eigenes Label vertreibt. Außerdem hilft sie anderen Start-Up-Gründerinnen und -Gründern im Großraum München, sich besser zu vernetzen.
Die großen Fragen des Lebens
Trotz beruflichem Erfolg und einer glücklichen Familie, packt Dian Adhini Flügel mit Mitte 40 die Rastlosigkeit. Sie vermisst etwas in ihrem Leben, fühlt sich wie gefangen in einem Hamsterrad. Ein Deko-Affe aus Holz, der in der funktional eingerichteten Küche der Familie steht, gibt den Anstoß für eine radikale Entscheidung: "Der war so anders in unserer Küche, die Küche war so praktisch eingerichtet, sehr clean, sehr schick und dann dieser Affe. Das war so ein Bruch, deshalb habe ich den immer angeschaut, während ich mir Fragen gestellt habe." Warum fühlt sie sich so rastlos, warum hat sie sich eigentlich nie für ihre indonesischen Wurzeln interessiert?
Gemeinsam mit ihrem Mann entscheidet Flügel sich, eine Auszeit zu nehmen und eine längere Reise nach Indonesien zu unternehmen. Wegen der schulpflichtigen Kinder entscheidet sich das Paar für die Ferieninsel Bali. Dort können sie eine englischsprachige Schule besuchen. Nach einer turbulenten Vorbereitungszeit sind alle Pässe angekommen, das Haus ist vermietet und die Familie fliegt mit nur vier großen Koffern nach Indonesien.
Ankunft im Paradies und böses Erwachen
Auf Bali beginnt ein kleines Abenteuer: Die Kinder lernen surfen und genießen das Leben in der Natur. Dian Adhini Flügel und ihr Mann besuchen verschiedene gemeinnützige Projekte. Denn Bali hat auch Schattenseiten: Viele Menschen leben in Armut, die Umwelt leidet unter den Folgen des Massentourismus, Staus und vermüllte Straßen prägen den Alltag der Einheimischen.
Die Probleme verschärfen sich, als die Corona-Pandemie Bali erreicht. Zwar sind die Maßnahmen anfangs nicht sehr strikt, doch durch die fehlenden Touristen verlieren viele Balinesen ihr Einkommen: "Ein guter Freund von uns, der aus Flores kommt (eine indonesische Insel, Anm. d. Red.) und schon lange auf Bali arbeitet, ist auf uns zugekommen und hat gesagt: 'Ich kann meine Miete nicht mehr zahlen.' Und da wurde es ernst auf Bali, die Menschen gerieten in wirtschaftliche Not."
Ich glaube, das bleibt immer eine Suche.
Dian Adhinia Flügel auf die Frage, ob sie weiß, wer sie ist
Aus einem Gefallen für einen Freund wird eine private Spendenaktion: Die Flügels schildern per Mail und Whatsapp die Not der Menschen auf Bali. Sie bitten Freunde und Verwandte in Deutschland um Spenden. Das Geld bringen sie persönlich zu bedürftigen Familien. Später gründen die Flügels den Verein Chanceforchange e.V.. Er soll durch Spenden und den Verkauf von indonesischen Kunstwerken Indonesiern helfen, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen.

Ihre Wurzeln hat Dian Adhini Flügel trotzdem noch nicht gefunden, sagt sie: "Ich glaube, niemand wird das je erfahren. Auch andere nicht. Ich glaube, das bleibt immer eine Suche." Dafür hat Flügel aber einen Ort gefunden, zu dem sie sich zugehörig fühlt – und eine Aufgabe, die sie mit Glück und Dankbarkeit erfüllt. Inzwischen sind sie und ihre Familie erneut zu einem längeren Aufenthalt nach Bali aufgebrochen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 28. September, 18:05 Uhr