Im Porträt Songwriter David Gray sucht seine Inspiration in der Natur
Standdatum: 24. März 2021.

Der britische Songwriter David Gray hat mit Songs wie "Babylon" oder "Sail Away" einen Beitrag zum klassischen Pop-Kanon der 1990er-Jahre geliefert. Sein Album "White Ladder" zählt zu den erfolgreichsten Alben dieses Jahrzehnts. Jetzt zeigt der Musiker aus Leidenschaft eine neue Intensität auf seinem Album "Skellig". Inspiriert wurde er durch die Magie eines besonderen, rauen Ortes im Atlantik.
Die kleine Felseninsel "Skellig Michael" ("Michaels Felsen") liegt zwölf Kilometer vor der Südwestküste Irlands. Vom siebten Jahrhundert an diente der unwirtliche Ort irischen Mönchen als Rückzugsort. Sie erhofften sich eine größere Intensität des spirituellen Lebens inmitten der wilden Natur. Heute zählt die Mönchssiedlung zum Unesco-Weltkulturerbe, beliebt auch bei Touristen. Auch David Gray ist fasziniert von der Aura dieses besonderen Ortes.

Der "Skellig"-Songzyklus ist ein atmosphärisch intensives neues Kapitel für den Mann mit der schneidend scharfen Stimme, der hier in luftigen Akustik-Arrangements mit einer kleinen Gruppe von Sängerinnen und Sängern neue Gemeinschaft zelebriert – inspiriert vom Mythos "Skellig Michael". Gray ist nicht religiös, doch er teilt das Konzept der Transzendenz: "Man ist ein Atom, das mit anderen Atomen schwingt. Man muss sich ergeben, genau wie einst die Mönche, und zwar der Musik selbst. Das war ein Prozess, vom Herzen und nicht vom Kopf gesteuert."
Ich bin jetzt über 50 und möchte mein kreatives Streben nicht mehr an ein Geschäftsmodell ketten. Es soll mehr um die Kreativität an sich gehen.
David Gray
David Gray wurde in Manchester geboren, wuchs aber an der Küste von Wales auf. Seine Freizeit verbrachte er am Meer und in der Natur. Seine Karriere machte der zweifache Familienvater, der für seine Ernsthaftigkeit bekannt ist, von London aus. Ein Haus an der Küste von Norfolk ist heute ein wichtiger Rückzugsort für ihn. Gray möchte sich etwas abkoppeln vom herkömmlichen Musikgeschäft: "Ich bin jetzt über 50 und möchte mein kreatives Streben nicht mehr an ein Geschäftsmodell ketten. Es soll mehr um die Kreativität an sich gehen."
Im Takt der Wellen

Wer heute mit David Gray spricht, dem kann die starke Emotionalität seines Anliegens nicht entgehen. Er ist begeistert von den Aufnahme-Sessions in der Abgeschiedenheit der schottischen Highlands. Gemeinsam haben er und die anderen Musikerinnen und Musiker auch eine rhythmische Klammer für den "Sekllig"-Songzyklus entwickelt: Viele der Stücke werden zusammengehalten durch einen ruhigen 6/8-Takt. Oder in den Worten von Gray: "Das Skelett unter dem Fleisch dieses Albums ist dieses wellenähnliche, weiträumige Gefühl, das ein 6/8-Takt dir geben kann. Eine Art Ewigkeitsgefühl durch die rhythmischen Elemente der Takte. Wie sie sich aneinander reiben, in schier endloser und beständiger Bewegung."
David Gray blickt mit wachem Auge auf die Verwerfungen der Pandemie und des Brexit-Geschehens für die Künste. Doch das Positive bleibt nicht außen vor beim Skeptiker aus London. Gray kann zwar nicht in die Welt reisen, doch die Reise in innere Welten erfüllt ihn – und bringt eine neue Dimension in sein Werk.
Wir leben jetzt mehr in der Gegenwart, weil wir keine Pläne mehr machen können wie sonst. Und das war auch bereichernd.
David Gray über die Pandemie-Zeit
Er sagt: "Wir leben jetzt mehr in der Gegenwart, weil wir keine Pläne mehr machen können wie sonst. Und das war auch bereichernd. Ich denke, wir werden – trotz aller Tragödien und der vielen verlorenen Leben – auch mit Wehmut einmal auf diese Zeit und ihre Intensität zurückblicken. Mit diesem Album teilen wir jetzt etwas, das hoffentlich einen Wert und eine Kraft hat. Ich hoffe, es ist nicht nur ein Album zum besinnlichen Wegdriften aus der Realität, sondern auch eines zum Hineingehen in Realität."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Sounds, 27. März 2021, 19:05 Uhr