Im Porträt Diese Comic-Künstlerin scheut keine harten Themen
Standdatum: 14. Juli 2022.

Knallbunte Heftchen mit Sprechblasen – das war früher nur etwas für Kinder. Doch der Comic ist als Graphic Novel auch in Literaturkreisen salonfähig geworden. Barbara Yelin ist eine der wichtigsten Comic-Künstlerinnen im deutschsprachigen Raum und veröffentlicht mit "Aber ich lebe" nun eine Graphic Novel über die Erinnerungen einer Holocaust-Überlebenden.
"Comics können jede Art von Geschichten erzählen" – Barbara Yelin
Bereits als Kind liebt Barbara Yelin es, mit dem Stift Motive auf’s Papier zu bringen – Tiere, aber auch Porträts von Menschen. Als Jugendliche wird ihr klar, dass Zeichnen ihr ganz eigener Weg sein kann, sich auszudrücken. Sie beschließt, es zu ihrem Beruf zu machen.
Eine neue Form von Popkultur

Während ihres Studiums der Illustration an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg, befasst Yelin sich näher mit dem Genre Comic. Besonders die Avantgarde-Comic-Künstlerinnen und Künstler der 1980er und 90er Jahre wie Anke Feuchtenberger und Henning Wagenbredt faszinieren sie: "Das sind Leute, die Comics gemacht haben auf eine sehr freie Art. Eine Form von Popkultur, die ich so noch nie gesehen hatte. Da war so eine Stimmung drin, die hat mich richtig erwischt – so eine Mischung von Melancholie und Anarchie. Da wollte ich gerne mitmachen!"
Ich hatte immer Jobs, mit denen ich meine Comics mitfinanziert habe.
Barbara Yelin über den schwierigen Weg, sich als Comic-Künstlerin zu etablieren
Barbara Yelin findet ihren ganz eigenen Stil: zart, bewegt, eindrücklich, manchmal geradezu magisch zeichnet sie mit Bleistift und Aquarellfarben. Auf dem alternativen Comic-Markt hat sie es zunächst nicht leicht, denn auch dort gibt es – wie überall in der Branche – zunächst nur sehr wenige Frauen, und sie muss sich manchmal durchkämpfen. Gut bezahlte Aufträge sind anfangs selten, erinnert sie sich: "Das heißt, ich hatte immer auch Jobs, mit denen ich meine Comics mitfinanziert habe. Gottseidank auch welche, die sich mit Zeichnung beschäftigt haben."
Comics über Vertreibung und Flucht

2014 wird sie mit der Graphic Novel "Irmina" über eine Mitläuferin in der Zeit des Nationalsozialismus bekannt. Zwei Jahre später erhält sie den renommierten Max-und-Moritz-Preis als beste deutsche Künstlerin, dem weitere Preise folgen. Barbara Yelin zeichnet lustige, noch öfter aber ernste Geschichten: Vertreibung und Flucht, jüdische Lebensgeschichten und Kriegsschicksale gehören zu ihren Themen. Gerade hat sie "Aber ich lebe" veröffentlicht – eine Graphic Novel, in der sie gemeinsam mit der Holocaust-Überlebenden Emmie Arbel deren Erinnerungen zeichnerisch verarbeitet hat. Diese Arbeit beschreibt sie als besonders eindrücklich, sowohl menschlich als auch künstlerisch.
Das Zeichnen ist für mich ein Werkzeug zum Denken, aber auch zum Fühlen.
Barbara Yelin über Bleistift und Papier
Gerade bei schweren Themen sei ihr persönlicher Zugang immer das Zeichnen selbst, sagt die Künstlerin: "Ich habe Emmie Arbel porträtiert, hab skizziert – der Bleistift ist für mich wirklich ein Werkzeug, um mich an Dinge anzunähern, sie zu erforschen, sie auch zu ertasten. Dieses Werkzeug hilft einem bei dieser Annäherung. Das Zeichnen ist für mich ein Werkzeug zum Denken aber auch zum Fühlen, also wirklich zum Sich-Reinweben."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 14. Juli, 18:05 Uhr