Auf der Bühne "Kasimir und Karoline" – bildstarke Inszenierung am Theater Bremen
Standdatum: 12. Oktober 2021.

Das vor knapp 100 Jahren verfasste Volksstück "Kasimir und Karoline" von Ödön von Horváth feierte Premiere am Theater Bremen. Die moderne Fassung der preisgekrönten Regisseurin Alize Zandwijk hatte zwar starke Bilder, bot aber nicht viel Neues, sagt Bremen Zwei-Theaterkritikerin Christine Gorny.
Premiere: "Kasimir und Karoline" sind in der Gegenwart angekommen
Kasimir und Karoline sind bei dieser Inszenierung gleich mehrfach in unserer Gegenwart angekommen. Es gibt sie jeweils dreimal: in modernem Party-Outfit und mit unterschiedlichen emotionalen Facetten, unterschiedlichen Hautfarben und polyglott.
Zwischen Amüsement und Verzweiflung
Es geht um das Schicksal eines Liebespaares mitten im politischem Chaos und in Massenarbeitslosigkeit. Kasimir hat gerade seinen Job als Chauffeur verloren und kann seiner Verlobten Karoline auf dem Münchener Oktoberfest nicht mal mehr eine Achterbahnfahrt bieten. Das Beziehungsdrama, das sich daraus entwickelt, ist zugleich eine Sozialstudie. Auf dem Volksfest begegnen sich arm und reich, oben und unten, männlich und weiblich. Was die Gegensätze allerdings nicht auflöst, sondern umso krasser betont. Während Kasimir mit seinem Jobverlust hadert, sucht Karoline ihr Vergnügen bei lüsternen Kapitalisten. Eine Achterbahnfahrt in die Abgründe der Gesellschaft
Eine schrille und bildstarke Inszenierung
Auf der gigantischen und düsteren Jahrmarktskulisse prangt zentral das Bild eines überdimensionalen Horror-Clowns nach Art des Joker aus den Batman-Comics. Auf drei Ebenen sind Kartenhäuschen, Schießbude, Geisterbahn untergebracht und – ganz wichtig für den Ekelfaktor – zwei Urinale, die ausgiebig genutzt werden. Das ganze Bühnenbild bietet reichlich Gelegenheit für die Akteurinnen und Akteure, sich auszutoben, dynamisch und akrobatisch, schrill und drastisch.
Mit ihren Special Effects und einem rauchspuckenden Riesen-Horrorclown haben Alize Zandwijk und Bühnenbildner Thomas Rupert starke Bilder gefunden. Die Auszeichnung als bester Kasimir bekäme Emil Borgeest, beste Karoline wäre Mirjam Rast – konventionell gesehen. Die Verdreifachung ist zwar eine interessante Aufmerksamkeitsübung fürs Publikum, aber vielschichtiger wird die Geschichte dadurch nicht, eher radikaler.
Toxische Männlichkeit, kapitalistische Ausbeutung und rassistische Unterdrückung werden mal wieder schonungslos entlarvt. Auf die Frage "Was hat uns dieses Stück heute noch zu sagen?" lautet die frustrierende Antwort: "im Grunde nichts Neues", meint unsere Rezensentin Christine Gorny.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Vormittag, 03. Oktober 2021, 10:40 Uhr