Neue Alben Zwei 19-jährige Newcomer mischen die Klassikwelt auf
Standdatum: 9. September 2022.
Der deutsche Geiger Tassilo Probst und der US-amerikanische Pianist Maxim Lando veröffentlichen ein bemerkenswertes Debütalbum. Das neue Album des britischen Singer-Songwriters Jonathan Jeremiah ist eine Hommage an die Soul- und Folkmusik der siebziger Jahre. Wilfried Schäper und Max Spallek präsentieren die Alben der Woche.
1 Die Newcomer

Der deutsche Geiger Tassilo Probst ist erst 19 Jahre alt. Zusammen mit dem US-amerikanischen Pianisten Maxim Lando hat er jetzt sein Debütalbum aufgenommen. Ein spektakuläres Doppelalbum mit Violinsonaten von Béla Bartók, George Enescu und Joseph Achron. Eine extrem mutige Wahl für eine Debüt. Doch das Risiko hat sich gelohnt. Mit dem Album "Into madness" ist Probst und Lando ein bemerkenswertes Werk weitab vom Mainstream gelungen.
Wie klingt's?
Der Titel ist ganz bewusst gewählt: Nicht nur das Repertoire des Albums ist etwas "verrückt", auch die technischen Schwierigkeiten der Stücke grenzen an das Unmögliche. Tassilo Probst und Maxim Lando spielen auf diesem Doppelalbum drei Violinsonaten von Béla Bartók, George Enescu und Joseph Achron – alles Stücke, die nicht zum Kernrepertoire der Geige gehören. Gerade deshalb ist diese Platte aber etwas Besonderes. Hier wird wirklich Neuland betreten. Zum Beispiel mit der dritten Sonate des Rumänen George Enescu. Ein wunderbares Stück mit beinahe magischer Atmosphäre. Probst und Lando schrecken auch nicht davor zurück, auf ihrer ersten Platte eine Weltersteinspielung zu bringen: Die zweite Violinsonate des US-Amerikaners Joseph Achron ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Erstklassig und ein bisschen verrückt – sehr passend also zum Titel "Into madness".
Warum hören?
Tassilo Probst und Maxim Lando ist mit ihrem ersten Album ein phänomenales Debüt gelungen. Hier spielen zwei positiv "Verrückte" ein Repertoire, das man nicht alle Tage hört. Kaum zu glauben, dass die beiden erst 19 Jahre alt sind. Das spieltechnische und musikalische Niveau der Aufnahme ist kaum zu toppen. Das Doppelalbum ist eine der tollsten Kammermusik-Platten der letzten Monate. Tassilo Probst und Maxim Lando sind ein Dream-Team an Geige und Klavier, von dem noch sehr viel zu erwarten ist.
Tassilo Probst & Maxim Lando: "Into Madness"
2 Der Singer-Songwriter

Der geborene Londoner Jonathan Jeremiah hatte bereits ab dem sechsten Lebensjahr Gitarrenunterricht. Musik spielte besonders bei der irischen Verwandtschaft eine große Rolle. Auf Familienfeiern wurde immer gesungen. Nach einem mehrmonatigen USA-Aufenthalt beschließt der damals 20-Jährige, sich voll und ganz auf seine Musikkarriere zu konzentrieren. Er arbeitet nachts, damit er sich einen Streicher für die Aufnahme seines ersten Albums im Jahr 2011 leisten kann. Elf Jahre später wird er nun auf seinem neuen Album "Horsepower for the streets" von einem 20-köpfigen Streichorchester begleitet.
Wie klingt's?
Abgeschieden vom hektischen London, im weiten französischen Hinterland rund 150 Kilometer nordöstlich von Bordeaux, sind Jeremiahs neue Songs entstanden. Aufgenommen wurden sie in einer Kirche in Amsterdam mit einem 20-köpfigen Streichorchester. Die Melodien sind groß, die Refrains mächtig. Die melancholische Sehnsucht bebt in der Stimme. Es klingt alles warm und breit. Der Einfluss seiner musikalischen Helden wie Bill Withers oder auch Nick Drake sind hörbar.
Warum hören?
Es ist nicht einfach bei jedem Track Vergleiche mit Michael Kiwanuka oder Terry Callier ziehen zu wollen. Dennoch: Jonathan Jeremiah gelingt mit seinem Album eine gekonnte Hommage an die große Soul- und Folkmusik der siebziger Jahre. Wen die teilweise extreme Nähe zu den genannten Vorbildern nicht stört, kann hier ganz ohne Bedenken zugreifen.
Jonathan Jeremiah: "Horsepower for the Streets"
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 09. September, 09:38 Uhr