Neue Alben Geheimtipp Jono McCleery und Eli Reed mit "soulifiziertem" Country
Standdatum: 29. April 2022.
Colin Hay ist ein versierter Song-Schmied, Jono McCleery veröffentlicht sein sechstes Album und Eli "Paperboy" Reed ehrt Countrylegende Haggard mit einem Tribute. Die besten Alben der Woche kommen von Harald Mönkedieck, Simon Brauer und Max Spallek.
1 Colin Hay mit musikalischem Deeptalk

Seine Stimme ist Teil des Pop-Kanons der 1980er-Jahre. Mit der Band Men At Work und Hits wie "Down Under" oder "Who Can It Be Now" wurde der australische Sänger und Songwriter Colin Hay international bekannt. Mit Ende sechzig blickt der Singer-Songwriter vor allem zurück auf eine lange Solo-Karriere. Und er legt Tiefe und Nachdenklichkeit in den Titel seines neuen Albums: Now And The Evermore – Das Jetzt und die Ewigkeit.
Wie klingt's?
Colin Hay ist ein kluger und versierter Song-Schmied. Ein Folkie mit Pop-Tendenzen alter Schule. Die großen existentiellen Fragen schleichen sich dabei immer wieder in seine Songs. Das große Thema dieses Albums: Wie stellen wir es an, unsere Zeit sinnvoll solange es geht im Jetzt zu gestalten, mit einem Blick auf das Mysterium der Ewigkeit.
Warum hören?
Das Universum bleibt auch für Colin Hay ein großes Mysterium, doch er findet Freude in seiner Neugier. Hay sieht Wunderbares auch im Alltäglichen und im Kleinen – in jedem in die Welt geschickten Song. Doch es bleiben Fragen. Zum Beispiel die nach dem noch ominösen Punkt ohne Wiederkehr. Sie steht am Ende dieses sehr hörenswerten Songwriter-Pop-Albums.
Colin Hay: "Now and the Evermore"
2 Held der zweiten Reihe – Jono McCleery

Man kennt es vielleicht: Da hört man mit Leidenschaft seit Jahren die Musik einer Künstlerin, eines Künstlers und merkt plötzlich, dass man im Bekanntenkreis der einzige Fan ist. Dabei hätte die Musik ein viel größeres Publikum verdient. Der folgende Künstler könnte ein solcher sein: Jono McCleery. Sein neuestes Album heißt "Moonlit Parade".
Wie klingt's?
In nur fünf Tagen wurden die neun Songs aufgenommen. Sehr schnell also und auch sehr unmittelbar und spartanisch. Lediglich vier Musiker sind zu hören: Bass, Keyboard, Schlagzeug, Gesang. Die früheren Ausflüge in die elektronische Musik sind fast vergessen. Ansonsten erleben wir einen direkten, wunderbar intimen Sound. Die Stimme McCleerys hat dieses raue Timbre, das man von anderen Singer-Songwritern kennt. Nur, dass hier eben auch der Soul eines Terry Callier oder Marvin Gayes auf die folkloristische Sehnsucht eines Nick Drakes trifft.
Warum hören?
Das Album wirkt nie konstruiert, alles ist aus einem natürlichen Guss. Vielleicht wird Jono McCleery niemals die Anerkennung der Massen erfahren. Aber das ist im Grunde egal, so lange er solche in sich stimmige und bewegende Platten veröffentlicht.
Jono McCleery: "Moonlit Parade"
3 Mix aus Country und Soul

Er war der einzige echte Outlaw in der Countryszene: Merle Haggard. Bitterarm aufgewachsen, aus Erziehungsheimen abgehauen, auf die schiefe Bahn geraten und im Gefängnis gelandet. 1958 erlebt Haggard als Häftling das legendäre Knast-Konzert von Johnny Cash, "Live at San Quentin". Er beschließt, auch Musiker zu werden und wird selbst zur Countrylegende. Jetzt erscheint ein Tribute-Album, das Merle Haggard auf außergewöhnliche Art und Weise ehrt: Der Soulsänger Eli "Paperboy" Reed hat aus Haggards Countrysongs ein Soulalbum gemacht.
Wie klingt's?
Für sein neues Album "Down Every Road" hat sich Reed seine zwölf liebsten Haggard-Songs geschnappt und "soulifiziert" - also mit Bläsern versehen, mit einer funky Gitarre und einer wummernden Hammondorgel. Die Idee, Country in Soul zu verwandeln, habe er schon seit Jahren mit sich herumgetragen, sagt Reed. Schließlich haben doch beide Genres ihren Ursprung im Blues und sind bis heute die wichtigsten Wurzeln der US-amerikanischen Musik.
Warum hören?
Es spricht für die Songwriter-Qualitäten von Merle Haggard, dass Reed die Stücke kaum verändern musste. Und es spricht für Eli "Paperboy" Reed, dass er äußerst respektvoll mit den Songs seines Countryhelden umgeht und ihnen trotzdem neues Leben einhaucht. "Down Every Road"– ein rundum gelungenes Tribute-Album, denn Reed kann beide Arten von Musik: Country und Soul.
Eli "Paperboy" Reed: "Down every road"
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 26. April, 12:28 Uhr