Die Morgenandacht Komm mal raus da!

Ingo Wilberding
Ingo Wilberding

Die Morgenandacht Komm mal raus da!

Komm heraus! Steh auf und geh! Öffne dich! Immer wieder gibt es solche auffordernden Worte von Jesus, betont Caritas-Mitarbeiter Ingo Wilberding.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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Komm mal raus da! Oder anders gesagt: Was tun, wenn die Krise kommt? Menschen, die in eine tiefe persönliche Krise schlittern, erzählen, wenn sie denn überhaupt darüber reden können, davon, wie schwer alles fällt. Kein Antrieb, keine Lust, keine Ideen. Alles wird zu viel. Die Arbeit, die Menschen, selbst das Aufstehen am Morgen. Da mutet es schon fast seltsam an, wenn Jesus den Gelähmten, der sozusagen in der mentalen Gosse sitzt, mit einem ja doch recht simpel klingenden "Steh auf!" kontert. Immer wieder begegnen mir in der Bibel solche kurzen und markanten Worte aus Jesu Mund: "Effata – öffne dich", "Steh auf und geh". Oder eben das Wort zu seinem Freund Lazarus: Komm heraus!

Ich vertraue darauf, dass Freunde einander nur Gutes wollen. Also lege ich viel Wert auf Jesu Wort zu seinem Freund Lazarus, der wie tot und erschlagen dalag, eingewickelt in Binden und Verstrickungen, die ihn hielten. "Lazarus, komm heraus!" Und es funktioniert! Wann brauche ich das Wort: "Komm heraus?" Komm heraus aus deinem Grab aus Leistungsdenken und Überforderung. Komm heraus dem Grab deiner Traumwelt, in die du dich eingelullt hast. Komm heraus aus deinem Schneckenhaus-Grab, in dem sich alles immer nur um dich dreht. Komm heraus aus dem Grab des Schweigens, wenn du dich nichts mehr zu sagen traust. Komm heraus aus dem Grab der Resignation.

Wie wunderbar, wenn ich einen Menschen habe, der mir diese Worte zuruft. Dessen Stimme ich kenne, dem ich vertraue und dem ich zutraue, dass es wahr sein könnte. Und – kann ich Gott das zutrauen? Erlaube ich mir den Gedanken, dass ER mir diese Worte zusagt? Jeden Tag aufs Neue? Als Lazarus dann tatsächlich aus seinem Grab wankte, war er noch ganz unsicher auf den Beinen. Es brauchte Menschen, die ihn von seinen Wickeln und Stricken und Binden befreiten und ihm behutsam ins Leben halfen.

Was für ein tolles Bild! Es geht nicht gleich mit einhundert Prozent zurück ins Leben, es ist nach der Krise nicht so wie davor. Ich hoffe sehr, dass ich die Stimme des Freundes höre, wenn die Krise über mich kommen sollte. Und dass ich so viel Vertrauen aufbringen kann. Ich hoffe sehr, dass ich die Geduld aufbringe, Menschen langsam auftauchen zu lassen und nicht zu überfordern. Und ich hoffe sehr, dass ich so aufmerksam bin meinen nächsten Menschen gegenüber, dass ich seine Krise kommen sehe. Und dass ich ein so guter Freund sein kann, ihm zu sagen: Komm heraus!

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  • Ingo Wilberding

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