Die Morgenandacht Lasst euch die Kindheit nicht austreiben

Morgenandacht

Die Morgenandacht Lasst euch die Kindheit nicht austreiben

"Lasst Euch die Kindheit nicht austreiben", hat Erich Kästner geschrieben. Pastorin Inge Kuschnerus hält ein Plädoyer für die Geheimnisse der Kindheit, die auch Erwachsene lieber nicht vergessen sollten.

Bild: Radio Bremen

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Ich habe eine frühe Erinnerung, die ich sehr liebe. Ich weiß noch genau, wie es im Sommer roch, wenn nach langen, trockenen Tagen wieder Regen fiel. Ich erinnere mich, dass ich einige Male schnell aus dem Haus lief und lustvoll diesen ganz besonderen Geruch einsog. Den Duft von feuchter Erde.

Als ich das vor einiger Zeit wieder tat, musste ich feststellen, dass es anders roch. Vielleicht liegt das daran, dass es schon lange keine ungepflasterten, sandigen Wege mehr gibt, aus denen es so riecht. Oder es liegt an den feinen Rußpartikeln, die sich in einer Großstadt über alles legen. Die duften einfach nicht. Traurig.
Aber meine Nase erinnert sich und das ist gut so. Solche Erinnerungen hüte und genieße ich. Ich bin dabei in guter Gesellschaft.

Der Kinderbuchautor Erich Kästner, ermutigt die Kinder in seiner "Ansprache zum Schulbeginn": "Lasst euch die Kindheit nicht austreiben! Schaut, die meisten Menschen legen ihre Kindheit ab, wie einen alten Hut. Sie vergessen sie wie eine Telefonnummer, die nicht mehr gilt. Ihr Leben kommt ihnen vor wie eine Dauerwurst, die sie allmählich aufessen und was gegessen worden ist, existiert nicht mehr."
Aber so soll es für mich nicht sein! Ich will noch länger von der leckeren Wurst essen und sie genießen.

Ich glaube, Erich Kästners Kinderbücher sind so vor allem deshalb so erfolgreich, weil er selbst die Geheimnisse der Kindheit nicht vergessen hat. Er kennt noch ihre Wonnen. Er verschweigt nicht, woran Kinder leiden. Er ist Kind geblieben, ohne kindisch zu sein.
Kinder treten spätestens mit Schulbeginn in eine Welt ein, die von sehr erwachsenen Maßstäben geprägt ist: Leistung, Anpassung, Ordnung. Gegen solche Maßstäbe ist nichts einzuwenden. Aber sie machen uns krank, wenn wir unsere Kindheit vergessen, nichts mehr wissen von ihren Schätzen und Geheimnissen, wenn wir nie mehr bedürftig und verlangend sein dürfen wie ein Kind. Oder wenn wir vergessen, dass wir es im tiefsten Grunde unseres Herzens immer wieder sind.

"Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht, denn solchen gehört das Reich Gottes", sagt Jesus. Ähnlich klingt es bei Erich Kästner: "Lasst euch die Kindheit nicht austreiben!", rät er den Kindern und sagt weiter: "Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch."

Autor/Autorin

  • Inge Kuschnerus

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