Die Morgenandacht Die Familie – wer braucht wen?

Morgenandacht

Die Morgenandacht Die Familie – wer braucht wen?

Wie sehr sollten sich Eltern um ihre Kinder kümmern? Eltern brauchen die Fähigkeit, zur richtigen Zeit loszulassen, meint Elisabeth Hunold-Lagies.

Bild: Radio Bremen

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Die Familie war und ist nicht nur die durch Liebe und Zusammenleben geprägte kleine Gemeinschaft. Sie war und ist auch eine "Versorgungsgemeinschaft". Eltern haben die Aufgabe, sich um die Kinder zu kümmern – je jünger sie sind, umso mehr. Im Gegenzug kümmern sich Kinder oft um ihre alt und gebrechlich gewordenen Eltern, und dazwischen gibt es die unendlich vielen kleineren und größeren Situationen, wo man füreinander einsteht, in besonderen Fällen auch haftbar gemacht wird. Der eine kann nicht ohne die andere und umgekehrt. Wenn das gut funktioniert, ist das eine wunderbare Konstruktion.

Die Frage ist aber häufig: Wieviel Kümmern ist denn notwendig? Wie lange brauchen Kinder und Jugendliche die elterliche Unterstützung bei Entscheidungen? Muss die Mutter oder der Vater sich aufreiben, indem sie dem Nachwuchs alles Mögliche abnehmen? Oder tun sie auch manches, um das gute Gefühl zu haben, unentbehrlich zu sein? Wer braucht wen in welchem Maß? Das neue Schuljahr hat erst vor kurzem begonnen. In manchen Grundschulen steht am Schuleingang ein Schild "Liebe Eltern, ab hier schaffen wir es allein". So manche Eltern würden gerne die Schultasche des Kindes bis ins Klassenzimmer tragen. Das mag man noch augenzwinkernd als Skurrilität abtun – andere Situationen sind aber viel gewichtiger und folgenschwerer.

Was, wenn auch noch Jugendliche das Gefühl haben, ohne ihre Eltern keinen Schritt selbstständig machen zu dürfen? Nicht frei über Hobbys oder die eigene Berufswahl nachdenken zu können? Wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Freunde nicht willkommen sind? Der libanesisch-amerikanische Philosoph und Dichter Khalil Gibran schrieb schon vor über 100 Jahren seinen berühmten Text "Eure Kinder sind nicht eure Kinder. Obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht. Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken." Wir sind heute weit davon entfernt, dass Eltern auch noch über die Partnerwahl ihrer Kinder bestimmen. Aber wir können durchaus noch etwas dazulernen, wenn es darum geht, die anderen Familienmitglieder nicht durch eigene Vorstellungen prägen und formen zu wollen. Das gilt natürlich nicht nur für die Eltern-Kind-Beziehung, sondern auch für Paare untereinander und sicher auch für erwachsene Kinder in Richtung der Eltern.

Ja, wir brauchen einander. Es ist gut, wenn sich Familienmitglieder umeinander kümmern. Aber wir brauchen auch das Vertrauen, wir selbst sein zu dürfen. Eltern brauchen die Fähigkeit, zur richtigen Zeit loszulassen, und Kinder brauchen das Vertrauen, dass ihre eigenen Wege in Liebe begleitet werden, auch wenn es andere Wege sind als die Eltern sich gewünscht haben.


Autor/Autorin

  • Elisabeth Hunold-Lagies

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