Die Morgenandacht Neue Wege

Johannes Gebbe
Johannes Gebbe

Die Morgenandacht Neue Wege

"Befiehl Du Deine Wege" – Ein altes Kirchenlied inspiriert Pastorin Elisabeth Seydlitz. Sie findet es immer noch modern. Ein Mutmachlied in dunklen Zeiten, das auch wir heute immer mal gebrauchen können.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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Meine Freundin ist umgezogen. Leider nicht nur ein paar Straßen weiter, sondern in eine andere Stadt. Die Kinder sind aus dem Haus, eine neue berufliche Herausforderung hat gelockt und so fängt sie mit ihrem Mann, beide Mitte 50, woanders noch einmal neu an. Mutig, neugierig, mit einem aufgeregten Kribbeln im Bauch.

Ich besuche sie in ihrem neuen Zuhause. Schön ist es hier – ganz anders und doch vertraut. Zwischen einigen neuen Möbeln entdecke ich ein altes Bild. Das kenne ich noch aus der ehemaligen Wohnung. In vielen verschiedenen, eher gedeckten, Blautönen, ist ein Himmel gemalt. Darauf steht in geschwungenen Buchstaben: "Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann." Ein Zuspruch aus den Psalmen der Bibel. Dort heißt es: "Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird´s wohl machen." (Psalm 37,5). Befehlen meint hier nicht "anordnen", sondern "an-befehlen". Also, die Lebenswege Gott anvertrauen, sie ihm in die Hände geben.

Der Pfarrer und Liederdichter Paul Gerhardt hat diesen Vers in ein Lied gefasst, in schwerer Zeit. Sein Todestag jährt sich Ende Mai zum 346. Mal. Der dreißigjährige Krieg, der Verlust seiner Eltern, die schwere Krankheit seiner Frau und der Tod von vier Kindern haben in seinem Leben tiefe Spuren hinterlassen. Dieses Lied ist da wie eine Selbstaufforderung: Vertrau deine Wege Gott an. Dem, der den Himmel lenkt, ist dein Leid nicht zu groß. Er wird sich auch um dich kümmern und Wege finden, die du weiter gehen kannst. Tatsächlich erlebt der leidgeprüfte Paul Gerhardt, wie Gott heilsam in sein Leben eingreift. Seines Predigtamtes enthoben muss er Mitte des 17. Jahrhunderts Berlin verlassen. Ohne Ziel kehrt er in einem Gasthaus ein. Seine Frau wird vom Kummer überwältigt. Paul Gerhardt tröstet sie mit den bekannten Psalmworten und dichtet im Garten des Gasthauses das Lied "Befiehl du deine Wege". Er liest es seiner Frau gerade vor, als zwei Abgesandte des damaligen Herzogs Christian zu Merseburg mit ihm ins Gespräch kommen. Sie waren auf dem Weg nach Berlin, um einen abgesetzten Pastor namens Gerhardt abzuholen und ihm eine Stelle anzubieten.

Die Lieder von Paul Gerhardt haben bis heute nicht an Bedeutung verloren. Sicher, die Sprache klingt in unseren Ohren altmodisch, ist nicht mehr zeitgemäß. Doch die Aussage überdauert die Jahrhunderte. Es ist nicht von ungefähr, dass meine Freundin sich beim Umzug von vielen alten Gegenständen getrennt hat. Aber dieses Bild mit diesem Zuspruch bleibt.

Autor/Autorin

  • Elisabeth Seydlitz

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